Es ist Demut angesagt.
Inter Mailand hat verdient das Finale der Championsleague gewonnen. Sie konnten im größten Spiel der europäischen Fußballsaison die Bestleistung abrufen. Der FC Bayern nicht. Aber der Reihe nach.
Sicher.
Wir könnten darüber diskutieren, dass
– Howard Webb kein Heimschiedsrichter (Bayern war per Los zur „Heimmannschaft“ bestimmt worden) war,
– er somit das Ribéry’eske Foul Sneijders an Robben (wie lange stand dieser auf Robbens Knöchel?) nicht ähnlich ahndete,
– dieser Sneijder später den Traumpass auf Milito vor dessen 0:1 spielen konnte.
Machen wir aber nicht.
Wir diskutieren eher darüber, dass
– ein Thomas Müller (noch) kein abgezockter Goalgetter ist und somit eben nicht kurz nach dem Pausentee das 1:1 erzielte,
– dummerweise unsere beiden – in dieser Saison – Weltklasse-6er sich gerade in Madrid ihre Auszeit nahmen,
und
– unsere Innenverteidigung deshalb knallhart ihre Unzulänglichkeiten (1:1-Situationen, Schnellig-, Wendigkeit) vor Augen geführt bekamen.
Nein.
Für Inter waren wir gestern wie Werder vor Wochenfrist: Nutzt man seine eigenen Chancen nicht, bekommt man vom Gegner eine kostenlose Lehrstunde.
In einem Finale, noch dazu der Championsleague, muss man seine Bestform abrufen. Taten einige Spieler nicht. Die komplette Zentrale – ansonsten in dieser Saison oft unsere Paradedisziplin – war offen wie ein Scheunentor. Schweinsteiger, van Bommel, Demichelis und van Buyten.
Da half es auch nichts, dass die Comeback-Bayern es immer und immer wieder versuchten. Ein Robben immer und immer wieder Anlauf nahm. Die Bayern kontrollierten den Ball, Inter das Spiel.
Ich mache auch das Fass Ribéry nicht mehr auf. Aber man merkte dass er uns fehlte. Nicht für sich, aber vor allem für Robben. Drei Gegenspieler sind ja schon in der Bundesliga eine Menge Holz, aber in der Championsleague?
Womit wir bei der Taktik sind. Und Mourinho.
Ganz ehrlich: Was habe ich diesen Typen gehasst. Zu seiner Chelsea-Zeit. Bäh. Und wie sehr hat sich dies in den letzten Wochen geändert. Vor allem auch nach dem gestrigen Spiel.
Hinter dem öffentlichen Bild steckt ein ganz anderer Mensch. Und vor allem – was für ein Trainer!
Er sagt vor dem Spiel: „Wir haben beim FC Bayern eine Schwäche in der Innenverteidigung ausgemacht.“
Und was passiert? Genau diese Schwäche wird knallhart ausgenutzt.
Sie wussten um die Stärken eines Robben.
Und was passiert? Genau diese Stärke wird ihm genommen. Volle Kontration, ihm seine berühmten Märsche quer zum Strafraum zu nehmen. Aussen, Grundlinie, ok, aber diese Bälle nach innen trafen ja ohnehin, über die gesamte Spielzeit, nur Inter-Spieler.
Das war Weltklasse.
Die Organisation, das System, zwar nicht schön anzusehen, aber dermaßen effizient und eingespielt, dass es eben weh tut.
Sind wir weiterhin ehrlich: Daran hat sich eben halb (oder seit gestern ganz) Europa die Zähne ausgebissen.
Die Bayern hatten in dieser Saison eine Chance in der Gesamtabrechnung. Haben immer das Richtige gemacht. In der Summe. Vier Niederlagen haben sie kassiert. Und sind trotzdem, oder gerade deshalb, ins Finale eingezogen.
Im Finale selbst gibt es aber keine Summen. Kein Hin- und Rückspiel. Kein Auswärtstor. Da gibt es nur das Finale. Und dafür sind einige Spieler des FC Bayern noch zu grün hinter den Ohren.
Vielleicht waren aber auch die letzten Wochen Gift für die Mannschaft. Das ging alles zu leicht. Einige waren schon sehr lässig und dachten wohl, dass das jetzt so weitergehen würde.
Falsch gedacht.
Von all diesen Dingen abgesehen lasse ich mir aber meine, unsere Spitzen-Saison nicht kaputtmachen.
Das war klasse.
Alter, wir haben das Double geholt und standen im Championsleague-Finale – wie geil ist das denn?
Und wer hätte dies noch Mitte der Hinrunde erwartet? Als die Bayern anfingen, dass Feld (und das war ein weites Feld) von hinten aufzurollen. Noch dazu ein ums andere Mal dem CL-Ausscheiden von der Schippe sprangen.
Am Ende überwiegt die Freude des Erreichten. Und die Perspektive. Ob Inter eine Ära starten wird? Ich glaube nicht. Inter nutzte „bloß“ die Chance der Schwäche der Etablierten perfekt aus. Mit einem System. Dem Mourinho-System. Der ist nun weg. Bei Real. Aber immerhin nutzten sie die Chance (von daher erinnert mich die Saison an den Titel des FC Porto…).
Die Bayern dagegen habe etliche Frischlinge im Team. Und die bringt – man kann sich alles schönreden, aber das sehe ich so, ich sag nur 1999 – eine Niederlage im CL-Finale in ihrer Entwicklung weiter, als wenn wir nun das Triple geholt hätten.
Soviel Potential. Dazu noch – möglicherweise – ein Ribéry. Da wächst – entsprechende (defensive) Ergänzungen – was Großes zusammen.
Und erhöht somit schon jetzt die Vorfreude auf die Zukunft.
Danke Jungs. Für diese Saison!