„Ich weiß, was letzte Saison hier in der Allianz Arena passiert ist, wir haben gelernt: Wenn wir nicht mit elf Mann gegen sie verteidigen, bekommen wir Probleme.“
Pep Guardiola, wissend.
Schlagwort: Manchester
Weisheiten #274
„Ich bin nicht hier, um die letzte Saison zu verbessern. Es geht nicht um Rekorde von Jupp Heynckes. Dafür bin ich nicht hier. Ich bin hier, um das Niveau zu halten, um uns zu verbessern. Ich bin dafür da, das Team weiter zu entwickeln. Ich akzeptiere die Herausforderung. Ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam den Weg gehen. Ich bin optimistisch. Wir werden probieren, morgen unser nächstes Ziel zu erreichen.“
Pep Guardiola, kein neuer Jupp.
Bayerische Verzerrung oder Befreiende Kritik
Verrückt. Da spielt unser FC Bayern eine Saison der Rekorde, krönt diese mit dem erstmaligen Triple-Gewinn einer deutschen (Herren-) Fußballmannschaft und schickt sich nun an, nicht nur die zuvorigen Rekorde weiter auszubauen, nein, wir haben gar gute Chancen, den Triple-Gewinn zu wiederholen. Und was passiert?
Wie aus dem Nichts, kommt verloren geglaubte Unsicherheit, Fehlbarkeit und Nervosität zurück. Wie gesagt, verrückt. Aber der Reihe nach.
Der FC Bayern ist Ende März 2014 der früheste Deutsche Meister aller Zeiten. Dieser Umstand ist so unfassbar, dass wir es sicher erst mit einigem Abstand realisieren und vollends wert schätzen werden können. Der FC Bayern hat über mehr als 50 Spiele eine Serie ohne Niederlagen und überwiegend Siegen in die Geschichtsbücher gebrannt. Der FC Bayern hat dafür hart gearbeitet und auf dem Weg dorthin vieles gut und manches wunderschön gemacht.
Der FC Bayern war aber nicht der einzig Verantwortliche für diesen Erfolg und diese Serie. Auch seine Konkurrenz hatte daran ihren Anteil. Auch die Punktverluste von Dortmund, Schalke, Leverkusen und Co. in all den Nicht-Bayern-Spielen haben uns diesen frühen Triumph beschert. Wir hätten so viel dominieren und kantersiegen können, wie wir wollen, hätte Dortmund ansonsten ähnlich gepunktet wie noch 2010-12, die Meisterschaft wäre erst am 31., 32. Spieltag entschieden gewesen. Spanische Verhältnisse.
Übertreiben verdeutlicht.
Apropos übertreiben. Ich bin immer noch nervös. Rund um die Spiele meines geliebten (sic!) Vereins. Allein, seit dieser Saison bin ich über die Serie etwas ruhiger geworden. Stichwort: #Pepknowsbest. Unser Trainer vermochte uns das Gefühl zu vermitteln, dass er ständig alles im Griff hat und nur an einem kleinen Rad hier und da drehen musste, um alles gut werden zu lassen (Hinweis für später: Ich glaube dies immer noch).
Es ist eine sehr menschliche Verhaltensweise, dass sich Superlative irgendwann abnutzen. Ich freue mich über jeden Sieg meines Vereins, je höher, desto besser, aber ich gebe zu, dass es evtl. doch einen Unterschied macht, ob es das erste 6:0 ist, oder sich Kantersieg an Kantersieg reiht.
Der Bogen zu meinem Punkt ergibt sich, dass dem FC Bayern in dieser Rückrunde irgendwann die Kantersiege ausgingen. Unmerklich, aber doch auffallend. Der Serie und dem beeindruckenden Weg zur Meisterschaft der noch größeren Rekorde, tat dieser Umstand keinen Abbruch. Siehe Niederlagen der Konkurrenz.
Fakt bleibt, dass zwar die Sicherheit der „irgendwann-schlagen-wir-doch-noch-zu-und-wir-gewinnen“-Spiele blieb, wir aber doch ab und an in Rückstand gerieten. Es wurde anstrengender und wieso soll ich nicht darüber offen reden, dass ich durchaus auch den Gedanken freien Lauf lasse, dass unser Pep-Spiel die gleichen Symptome aufweist, wie der Matchplan des schwarz-gelben Klopp: Verschleiß.
Es sei, wie es ist. Viele Fußball-Fans in diesem Land, die es nicht mit dem FC Bayern halten, mögen in ihrer Abneigung gegen uns im Laufe der medialen Überhöhung ebenfalls eine Zunahme verspürt haben. Auch hier vermag ich Verständnis nicht komplett von mir zu weisen.
Was ist aber nun mein Punkt?
Es ist alles aus. Aus und vorbei. Die Serie der Bundesliga-Spiele ohne Niederlage. Nach 53(!) Spielen. Die Leichtigkeit des Seins. Die Zurückhaltung der Kritiker. Die Zurückhaltung dieser Abneigung muss geschmerzt haben. Natürlich. Aber die Kritik war nicht opportun, sie passte nicht in den Zeitgeist. Seit dem gestrigen Spiel der Bayern in Augsburg ist dies anders. Der FC Bayern hätte Eingriff genommen. In die sportlichen Entscheidungen der Fußball-Bundesliga. Der FC Bayern hat – im Sandwich der Championsleague-Viertelfinal-Spiele gegen Manchester United – gegen Augsburg eine Startelf gewählt, die viele als unfair und wettbewerbsverzerrend empfunden haben. Es war die Rede von 4.-Liga-Amateurspielern und Bankdrückern. Es war die Rede davon, dass wir gegen Mainz in voller Besetzung gewonnen und gegen Augsburg mit der Reserve der Reserve untergegangen sind und somit (in diesem Fall) das Rennen um die Europa-League-Plätze beeinflusst hätten.
Wenn wir hier einmal den suggerierten Hintergedanken der Absicht außen vor lassen, dann sind diese Vorwürfe nicht zwingend von der Hand zu weisen. Warum sollte ich das abstreiten?
Fakt ist aber: Natürlich wollte weder der FC Bayern, noch sein Trainer und auch kein einziger Spieler dieses Spiel verlieren. Unser Verein ist weder von der Wettmafia unterwandert, noch befinden wir uns in der Saison 1971/72.
Guardiola wollte lediglich mit Hinblick auf das – unerwartet – spannende Championsleague-Viertelfinal-Rückspiel am Mittwoch gegen Manchester ein paar Leistungsträger schonen und vor Verletzungen bewahren. Diese Verhaltensweise ist ebenso verständlich wie nicht neu. Nicht bei Pep, dem FC Bayern und auch nicht bei allen anderen Mannschaften, die eine diesbezügliche Mehrfachbelastung ausgleichen müssen.
Das ist keine Entschuldigung, dies ist allein die Beschreibung einer Notwendigkeit. Macht du sowas nicht, geht dir am Ende der Sprit aus. Wäre am Ende vielleicht der BVB 2013 Championsleague-Sieger geworden? Mit mehr Rotationsoptionen? Wir werden es eher nicht erfahren. Genauso wenig wie wir erfahren werden, ob ein FC Bayern mit weniger Rotation gestern in Augsburg gewonnen hätte. Wahrscheinlicher? Aber auch sicher?!
Schon in der Vergangenheit waren Spiele rund um Championsleague-Spiele für den FC Bayern schwierig. Egal mit welcher Aufstellung. Hätte Dortmund & Co. weniger Punkte liegen lassen, wären wir zurzeit sicher noch kein sicherer Meister und benötigten noch jeden Punkt. Wäre es somit für Lahm, Robben, Ribery, Müller, Götze, Alaba & Co. einfacher gewesen, sich für das Spiel in Augsburg zu motivieren, wenn man nur Manchester im Hinterkopf hat?
Das ist mir alles zu viel Boulevard, zu viel „die Bayern sind doof“.
Wer mich kennt, weiß, dass ich aus meinem Herzen selten eine Mördergrube mache. Tradition verpflichtet.
Vor dem Manchester-Hinspiel war ich relativ ruhig. Siehe oben. Frohen Mutes, dass das 3:3 gegen Hoffenheim doch für etwas gut gewesen sein musste. Die einzige kleine schwarze Stelle war die Verletzung Thiagos. Als fehlende zusätzliche Option. Um Kroos & Co. Feuer unterm Hintern zu machen. Das schaffen die auch ohne ihn, war mein Grundgefühl. Das Gefühl sollte sich verändern.
Der übliche Handball-Fußball beunruhigte mich zunächst noch nicht. Ging zuvor ja auch immer gut aus. Die Konterchancen, die zumeist Spitz-auf-Knopf für uns verliefen, verschlechterten meine Stimmung nicht nachhaltig. Der Schweinsteiger-Ausgleich und die eingebettete Drangphase ließen die Zweifel verschwinden. Die gelbe Karte und somit feststehende Sperre im Rückspiel für Martinez hatte ich ja im Hinblick auf ein mögliches Halbfinale fast erhofft. Aber das mit dem Fell und dem Bären kam dann spätestens mit dem Platzverweis für Schweinsteiger.
Urplötzlich veränderte sich alles.
Die Zuversicht, dass im Rückspiel locker nach Hause zu bringen schwand, die Sorge ob eines Mittelfeldes ohne Thiago, Schweinsteiger & Martinez stieg stündlich an. Sofort musste ich an das Spiel in Augsburg denken. Und vor allem an alle anderen Spiele gegen Augsburg. Die beinharte Spielweise des FCA, das ständige Lamentieren gegenüber dem Schiedsrichter, die versuchte Beeinflussung des Mann in Schwarz. Uff. Was würde es für #FCBMUFC bedeuten, wenn sich jetzt auch noch ein Rafinha (war da nicht was im Pokalspiel dort im Dezember?) oder Alaba oder Robben oder oder verletzen?
Welch eine Ironie des Schicksals, dass Augsburg im ersten Spiel gegen uns komplett ohne diese negativen Verhaltensweisen erstmalig als Sieger vom Platz geht…
Kurz gesagt: Spontan und direkt nach #MUFCFCB hatte ich auf eine Aufstellung wie gestern gehofft. Als ich am Samstag um 14:30 dann tatsächlich davon las, hatte sich erstens meine Aufregung, meine Sorge von Dienstagnacht schon wieder beruhigt und hatte ich – spontan und wir wollen ja bei der Wahrheit bleiben – den Gedanken: „Puh, Pep, ob Du es da vielleicht nicht doch ein wenig übertreibst?“
Bevor nun aber die Bayern-Kritiker ob dieses Geständnisses in Jubel ausbrechen, will ich direkt einen differenzierten Blick auf ein paar Aspekte werfen.
Erstens sind doch alle immer so begeistert, ob der Einbindung von Jugendspielern beim FC Bayern. Wo kamen denn Lahm, Müller, Schweinsteiger, Badstuber, Alaba & Co. her? Aus der Jugend des FC Bayern. Jungen Spielern muss man Zeit geben. Und Spiele. Sonst wird das nix. Ist das nicht auch immer ein Vorwurf? An uns? An andere?! Wir sind Meister. Wann, wenn nicht in einer solchen Situation, kann man solch jungen Spielern eine Chance geben? Außenstehende kannten Ylli Sallahi nicht? Klar, ich auch nicht. Aber Diego Contento – erste Vertretung für David Alaba – ist nun einmal verletzt. Schlecht hat Sallahi sicher nicht gespielt (gemessen an unserer Erwartungshaltung), Pep wechselte hier trotzdem Mitte des Spiels die 1a-Besetzung Alaba ein. Mitchel Weiser gehört übrigens dem Profikader an und hat am Samstag – insgesamt – tatsächlich nicht zwingend enttäuscht, auch wenn ich während des Re-Live den Eindruck hatte und er das Gegentor durch seinen Fehler einleitete. Die zweite Halbzeit war besser als die erste. Wer davon abgesehen Pierre-Emile Højbjerg noch nicht kennt, lebt bezüglich des FC Bayern ohnehin hinter dem Mond.
Für Details zu diesen Spielern empfehle ich die Lektüre von Leuten, die sich damit auskennen.
Zweitens wäre es doch eigentlich zu einfach, die Niederlage allein an diesen drei jungen Spielern festzumachen, oder? Da waren immer noch acht andere Top-Spieler auf dem Platz, die mit dem Anspruch des modernen FC Bayern eine Mannschaft wie den FC Augsburg – bei allem Respekt – schlagen können müssen.
Neuer – Weiser, Van Buyten, Martinez, Sallahi (51. Alaba) – Kroos, Schweinsteiger – Shaqiri (46. Götze), Pizarro (62. Müller), Højbjerg – Mandzukic
Jetzt mal ehrlich: Diese Spieler verzerren den Wettbewerb? Muss ich die Marktwerte dieser Spieler zusammenrechnen? Und wo sind plötzlich die Lobeshymnen geblieben, dass es beim FC Bayern überhaupt gar keine „Stammspieler“ gäbe? Plötzlich sind Van Buyten, Shaqiri, Pizarro „Bankdrücker“ und z.B. Højbjerg, der beste Spieler von FCB II, der in HZ2 zentral zeigte, was er drauf hat, nur noch ein „Jugendspieler“? Ist klar.
Drittens hatte dieses so „verzerrende“ Team in der zweiten Halbzeit genügend Chancen das Spiel mindestens ausgeglichen zu gestalten. Ein 1:1 wäre genauso möglich gewesen wie ein 2:1 oder 2:2. Würden wir dann überhaupt diskutieren?
Viertens finde ich es mehr als belustigend, wer nun alles eine Meinung zur Startelf des FC Bayern gegen Augsburg hat. Armin Veh zum Beispiel.
Natürlich kann man gegen Augsburg verlieren. Aber wenn ich mir die Aufstellung ansehe, muss ich schon sagen, jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Wenn man das gegen Mannschaften macht, die um die Europa-League-Plätze oder gegen den Abstieg spielen, und du schenkst nur ab, dann finde ich das nicht gut.
Für die Älteren unter uns, Herr Veh ist der Trainer, der dank seiner Aufstellung das Spiel seiner Frankfurter Eintracht in München „abgeschenkt“ hatte.
„Die Bayern spielen in einer anderen Liga“, sagt Frankfurts Trainer Armin Veh und denkt bei Aufstellung und Einstellung schon an das nächste Spiel am Samstag darauf gegen Eintracht Braunschweig. In München wird es nur darum gehen, einigermaßen ungeschoren vom Platz zu kommen. Vehs Aussage, „ich möchte trotzdem gewinnen“, ist nur der Pflicht gegenüber den eigenen Fans und der Verantwortung gegenüber der Liga geschuldet, die Flinte nicht schon vorher ins Korn zu werfen. Der Glaube daran aber ist bei keinem Frankfurter besonders ausgeprägt.
Noch Fragen?
Fünftens wurde heute medial der Einwurf getätigt, „der FC Bayern möge nie am Ende der Saison mal auf andere angewiesen sein“. Wer dies gesagt hat (Bremens Dutt), muss an selektiven Erinnerungslücken leiden. Oder einfach die Gnade der späten Geburt besitzen. Beides kann bei Herrn Dutt nicht vorliegen und dass ausgerechnet von einem Bremer Trainer solch eine Aussage kommt, hat schon ein gewisses Geschmäckle. Außenstehenden seien hier Bremer Meisterschaften und einzelne Spiele gegen Hamburger Erzrivalen kurz vor Saisonende als Beleg-Exemplare ans Herz gelegt.
Sechstens. Was heißt hier überhaupt Rotation?
Starke – Rafinha, van Buyten, Dante, Contento – Thiago (25. Lahm), Schweinsteiger – M. Götze (46. Mandzukic), Shaqiri, Ribery (76. Robben) – Pizarro
Von dieser Aufstellung vom vorletzten Spiel sind inzwischen Starke & Contento & Thiago & Shaqiri verletzt. Die oben beschriebenen Sorge und Nöte sind also nicht mehr nur Gefasel, sie sind real und könnten, wenn sie sich ausweiten, zu einem echten Problem werden. Wir werden, sollte sich derlei fortsetzen, ganz von selbst und aus völliger Kader-Notwendigkeit, „Verzerrungs“-Spieler auf dem Rasen sehen müssen. Schwarzmalerei? Vielleicht. Oder besser: Hoffentlich.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass man derlei Aufstellungen kritisieren kann, sie für mich aber nicht die angebotene Schärfe rechtfertigen. Ihren Sinn hat diese Kritik und die anschließende Diskussion aber imho erfüllt:
Die Kritisierer konnten sich mit ihrer Kritik ebenso „befreien“ von der ungeliebten „Schönmalerei“ rund um den FC Bayern, wie Leute wie ich sich durch solche Antworten wie diese erleichterten.
Am Mittwoch erreichen wir dann das Halbfinale und alles löst sich in Luft auf. Schaun mer mal.