Und ewig dreht sich die Frage nach dem Einstieg in einen Bericht. In einen Bericht über das Spiel des diesjährigen FC Bayern. Ist Euphorie, gar Euphemismus angebracht? Oder eher defensiver Pessimismus? Realismus? Wem das zu wissenschaftlich klingt, dem sei gesagt, dass ich tatsächlich immer wieder zwischen den Stühlen sitze. Während eines Spiels meines Vereins, während ich über einen Beitrag nachdenke und während ich diesen wirklich schreibe. Ganz zu schweigen von dieser grau-trüben und diffusen Zeit zwischen Ab- und Anpfiff unserer Spiele.
Warum? Weil 2011/12 irgendwas in meinem Selbstverständnis kaputt gegangen ist. Nicht einmal „Barcelona“ oder das „FinaleDahoam“ haben diese Wirkung bei mir erzeugt wie die letzte Saison. Als sich der 2011er-„Zufallsmeister“ Borussia Dortmund eben nicht als der übliche „Eintagsfliegen-Meister“ der letzten 20, 30 Jahre bestätigte, nein, im zweiten Jahr, mit gestiegener Erwartungshaltung und Mehrfachbelastung lief es bei den Klopp-Kickern sogar noch besser (ok, die Rückrunde des BVB noch in einem Satz mit Mehrfachbelastung zu nennen ist sicherlich sehr gewagt).
Diese Saison hat uns erstmalig gezeigt, dass der Reflex „ja, ja, die stürzen nächstes Jahr schon wieder ab“ nicht mehr zieht. Da brach eine Welt zusammen. Irgendwo. Andererseits: Wir fühlten uns getroffen, herausgefordert. Und weil die – Vorurteile galore – „üblichen“ Rezepte, den Gegner einfach „klein zu kaufen“, hier nicht funktionierten (weil alle Borussien-Kicker diesen Klopp-Kosmos ja so unfassbar super finden), machte man sich in meinem Verein offenbar mal richtig ernsthaft Gedanken, wie man den Status quo verändern könne. Konkurrenz belebt das Geschäft, eh klar. Nur nicht meine Nerven.
Das Resultat dieser Überlegungen sehen wir in der aktuellen Tabelle. Der BVB steht nur unwesentlich schlechter da als vor Jahresfrist. Wir hingegen – und da sei die bisherige Rückrunde explizit herausgehoben – haben eine schier unglaubliche Steigerung hingelegt, die wiederum die Dortmunder zur Verzweiflung bringen müsste. Aber, ach ja, in Dortmund existiert ja eine andere Fußball-Welt als im Rest… der Welt. Selbst als zweifacher Meister sieht man sich als Underdog.
Wie auch immer. Sowohl unser Spiel in Mainz, als auch das sog. Spitzenspiel der Dortmunder in Leverkusen hat gezeigt, dass es in erster Linie auf uns ankommt, ob wir Meister werden oder nicht. Und auch wenn ich – immer noch (siehe oben) – in jedem Spiel meiner Lieblinge die Sorge habe, dass da was schief gehen könnte und sich – in diesem Moment – der Alptraum der Vorsaison (15-Punkte-Verlust) wiederholen würde, so ist diese Sorge doch wohl mehr als grundlos. Wir haben am 20.Spieltag(!) 12 (in Worten zwölf) Punkte Vorsprung auf den BVB. Da brennt nichts mehr an. Aber mit der Psyche ist das eben so eine Sache.
Apropos Kopf.
Das Mia-san-mia des FC Bayern ist für mich, schon immer, eher etwas Diffuses, ich kann damit nicht so arg viel damit anfangen. Was genau ist damit gemein? Vielleicht, dass wir in dieser Rückrunde nicht unsere besten Spiele zeigen und trotzdem irgendwann die Tore machen und der Gegner im Nachgang zügig die Waffen streckt? Es muss so sein. Denn genauso wie mich die Anspannung vor dem Spiel, mit Anpfiff und bis zur Führung, oder besser Entscheidung im Spiel umtreibt, so befreit mich doch die Gewissheit, dass wir unseren Weg einen Stück weit weiter gegangen sind. Näher am Sieg gegen den „schwarz-gelben Dämon“.
Ganz genauso war es in Mainz. Ich hatte irgendwo Respekt vor dieser Truppe. Warum, kann ich gar nicht so genau sagen. Es war wohl das Gefühl, „klar, wir rennen hier gegen die Handballverteidigung des Gegners am Strafraum an, aber irgendwann zimmern die uns einen Konter zum 0:1 ins Tor“ (oder die Resultate der letzten Jahre gegen Wunder-Taktik-Tuchel). Und ebenso wie gegen Fürth, in Stuttgart gab es auch in Mainz diesen Moment, diese Befreiung. Man kann sich alles schön oder schlecht reden, aber ich arbeite daran, nicht ständig nach Rechtfertigungen zu suchen. Fragt jemand danach, warum der BVB in der Rückrunde in jedem Spiel Elfmeter bekommt? Who cares? Der Spielzug vor dem 1:0 für den FC Bayern in der Karnevalshochburg war in meinen Augen Weltklasse und Mainz hier chancenlos. Nicht minder schön die weiteren Tore. Tuchel-Konzept-Fußball hin oder her, genauso muss man das machen. Glänzen können wir – über 90 Minuten – immer noch in den anstehenden K.O.- oder Top-Spielen der nächsten Wochen und Monaten.
Natürlich kann man einen Toni Kroos für seine Leistung bis zum Zuckerpass auf Thomas Müller kritisieren. Aber er macht dann eben diesen Pass und ein Müller vollendet… unnachahmlich. Von Herrn Mandzukic ganz zu schweigen. Der mich übrigens zum zweiten Mal eines Besseren belehrt. Zum ersten Mal, dass er meine Erwartung an ihn als reinen Gomez-Ersatz zu Saisonbeginn übertraf und eben traf und traf und traf. Zum zweiten Mal, als Gomez zurückkam, traf und traf und nach der Winterpause Mandzukic Stammplatz eben nicht die Bank wurde. Im Gegensatz zu Super-Mario (es wird so imho nicht bleiben, die Kader-„Belastungen“ werden noch kommen).
Der Faktor Neuverpflichtungen (Dante, Mandzukic, Martinez, Shaqiri, etc.) ist (einer) der Schlüssel für den aktuellen Erfolg des FC Bayern (siehe oben, (sportliche) Führung des FC Bayern)!
In Mainz fiel auch nicht weiter ins Gewicht, dass Herr Ribéry seit Anfang der Rückrunde imho immer schwächer wird. Was ist da los? Haben ihn seine Gegner – einmal mehr – entschlüsselt? Die Frustgrenze, die ihn dann vollends blockiert, ist in dieser Rückrunde in den Spielen immer früher erreicht. Das ist einerseits schade, andererseits ist sein Wert immer noch immens, berücksichtigt man, dass unsere Gegner immer noch einen Plan und Platz-Personal brauchen, um eben ihn als Faktor unseres Spiels auszuschalten. Vorteil Müller & Mandzukic. Win-Win.
Wir haben das Spiel – deutlich – gewonnen und somit gibt es kaum Grund an den angedachten Gedanken zu unseren „Problemen“ festzuhalten. Oder? Was sind das denn für Probleme? Die fehlende Geschwindigkeit und die Blockade unseres Kreativzentrums (in der Defensive wie in der Offensive)? All dies kann sein. Und ich weiß selbst auch nicht, weshalb Ribéry, Schweinsteiger, Kroos und Co. aktuell (noch) nicht wieder so brillieren wie phasenweise in der Hinrunde (trotz fehlender Mehrfachbelastung und best-of-all-Trainingslager). Aber mir sind diese offenen Fragen im Rahmen eines 12-Punkte-Vorsprungs in der Tabelle weit aus lieber als mit größer werdenden Rückstand. Punkt.
Währet den Anfängen? Welchen Anfängen? Das wir nun nicht mehr jedes Spiel mit 6:1 gewinnen? Oder die – mediale – „Krise“ rund um Robben und Gomez? Was geht es dem FC Bayern gut, dass wir über die Probleme einer solchen Auswechselbank diskutieren müssen! Erinnert sich niemand mehr an die Namen, die wir in den letzten Jahren in Verletzungsmiseren aus der zweiten Mannschaft oder Jugend auf der Bank neben Heynckes oder van Gaal sitzen hatten? Eben.
Leute, es wird sich alles zeigen. Zeigen, dass wir jeden(!) Kicker aus unserem Kader noch dringend brauchen werden. In der Bundesliga, im Pokal und in der Championsleague. Nächsten Samstag haben wir im Abendspiel die Schalker vor der Brust – angeschlagene Gegner sind ja zumeist am schwierigsten zu spielen. Volle Konzentration darauf. Und weiter fleissig Punkte sammeln, dann kommt der Rest (ein goldener Frühsommer) von ganz alleine!
Auf geht’s, Ihr Roten!