Die Wochen der Wahrheit #4: FC Schalke 04

Leute mir reicht es. Ich habe den Kaffee auf.

Jetzt nicht weil wir im DFB-Pokal ausgeschieden sind.

Nein, mich nerven zunehmend diese Bayern-Fans, die offensichtlich kaum noch andere Themen in ihrem (Fußball-)Leben haben, als den Transfer von Manuel Neuer zu verhindern. Und mich nerven diese Reflexe gegen van Gaal.

Ich mein‘, klar, wir sind alle nicht so weit hinterm Berg wie das ZDF und das Boulevard, wir wissen nicht erst seit gestern, seitdem man diese A3-Plakate in der Südkurve hochgehalten hat, dass Teile der Bayern-Fans einen Schalker – diesen Schalker – nicht in den bayerischen Reihen haben wollen. Aber macht es diese Aktion etwa weniger provinziell?

Wir hatten diese Diskussion doch jetzt schon. Und nein, natürlich wollen die Verwirrten keinen FC Bayern mit elf Bayern in der Startaufstellung. Nein, nein, da sollen schon Robbens und Ribérys mitspielen dürfen, aber halt eben keine Schalker. Kein Neuer, der auch noch tief bei den Königsblauen verwurzelt ist. Wie stehen die Bayern-Ultras denn dann da, wenn sie einem königsblauen Ultra zujubeln müssen (genauso wie die königsblauen Ultras übrigens beim Thema Metzelder)!

Ich ertrag‘ dieses Thema nicht mehr. Anfangs fand ich es ja noch spannend, bewusst einen Contra-Punkt zu setzen, gegen die Stimmungsmache (Anti-Facebook-Page – süß), aber zunehmend ist mir die Zeit zu schade.

Und davon ab: Glauben diese Bayern-„Fans“, dass ein FC Bayern in der stärkeren Position gegenüber Neuer ist? Andersherum wird da wohl ein Schuh draus. Ein Neuer kann sich die europäischen Top-Vereine aussuchen, die sich seine Dienste zukünftig sichern wollen. Das kommt zwar für diese Fans auf das gleiche heraus, ist aber imho ein großer Unterschied.

Was mich ferner stört ist die Konsequenz, die sich aus dem Verhalten der Ultras ergeben könnte (oder – noch schlimmer – der Hintergedanke einiger Ultras sein könnte): Mehr Macht und Mitbestimmung im Verein!

Die deutschen Ultras, die kleinen Brüder ihrer großen italienischen Vorbilder wären bestimmt gerne auch so „wichtig“. Ob ich als deutscher „Normalo“ allerdings Zustände befürworte, in denen das Verhalten einzelner Ultra-Gruppierungen dazu geführt hat, dass Vereine keine dunkelhäutigen Spieler verpflichten, würde ich mal eher in Abrede stellen.

Zu eindimensional? Zu weit hergeholt?

Vielleicht. Trotzdem sind das die vielschichtigen Gedanken, die ich mir bei diesem Thema mache.

Kommen wir dann also zum Thema van Gaal.

Himmel.

Wenn es nur einige wenige Breitnigge-Leser wären, die seit Wochen oder Monaten stereotyp den Abschied unseres holländischen Trainers fordern, könnte ich da locker drüber hinwegsehen. Aber inzwischen gibt es ja schon wieder (wie damals unter Klinsmann) die unheilige Allianz mit dem Boulevard. Man bringt sich in Stellung.

Warum? Weil da – vor allem in den Medien – noch einige Rechnungen offen sind. Unser Trainer ist halt kein einfacher Charakter. Und das bekommen die Medien natürlich zu spüren. Mag nicht jeder. Und die, die das nicht mögen, mögen sich vielleicht auch über die Erfolge der letzten Saison gefreut haben, aber noch mehr haben sich sicherlich gefreut, dass diese heuer ausblieben. Um endlich ihre Gedanken, die sie schon länger loswerden wollten, zur Tastatur zu bringen.

Jo mei. Sind auch nur Menschen. Die sogenannten professionellen Sportjournalisten.

Im Ernst: Man kann an van Gaal vieles kritisieren. Und das mache ich auch. Aber van Gaal ist lernfähig. Wenn man so was sehen will.

Zu Beginn der Hinrunde wurde er auf dem kalten Fuß erwischt. Mit der unmenschlichen Verletzung von Herrn Robben. Er ließ zunächst das über 12 Monate einstudierte (und zuvor erfolgreiche) System weiterspielen. Auch ohne Robben. Das ging schief. Dann stellt er um und die Zuschneidung auf z.B. Herrn Gomez rettete uns im Herbst und Winter den Kopf in allen Wettbewerben.

Selbst vor dem entscheidenden Pokalspiel gegen Schalke reagierte er auf Ereignisse und schickte Herrn Badstuber auf die Bank, tauschte ferner die Rollen der Herren Gustavo und Pranjic. Genau so was wurde ja auch hier auf dem Blog – nicht nur von mir – gefordert.

Und dann?

Dann spielt der FC Bayern in der ersten Halbzeit gegen die Magath Kicker einen Stiefel, der grausam und schmerzlich an schlimmste Hitzfeld-Tage erinnert (für alle die, die es schon vergessen haben: Hitzfeld war der Trainer, über dessen Spielweise wir uns seit dem Championsleague-Sieg 2001 aufgeregt haben). Was nützt das beste System, wenn es die Spieler nicht umsetzen?

Von Weltklasse-Spielern wie Robben und Ribéry muss ich doch erwarten dürfen, dass sie Ideen entwickeln und umsetzen, wie sie mit Problemen der Doppel- und Dreifachbewachung fertig werden, oder? Ich denke schon. Und das hat nur mittelbar etwas mit dem Trainer zu tun.

Das unser FC Bayern es anders kann und konnte, haben die Spieler ja 10 Minuten nach der Pause und 10
Minuten vor Ende der Partie gezeigt. Genau in diesen Phasen hatte Schalke massive Probleme. Zu allen anderen Zeiten war das Spiel wie gemalt für die Knappen.

Gut verteidigen, schnell kontern und ansonsten nur müde Schüsse direkt auf Neuer. So geht es dann halt nicht. Auch nicht gegen einen FC Schalke 04, der sich in dieser Saison noch gegen fast jeden Bundesliga-Gegner blamiert hat.

Ich kann gerne auch Namen nennen.

Herr Robben, zum Beispiel.

Das soll jetzt kein Vorwurf sein, aber wer wundert sich ernsthaft darüber, dass Robben, nachdem er dieses 5cm große Loch im Oberschenkel hat(te), nach einer kurzen Euphoriephase direkt nach seiner Rückkehr mit mehreren bärenstarken Spielen, auch mal ein Loch (sic!) in seinem Spiel hat?

Wollen wir dem Mann das nicht auch mal zugestehen? Hatten wir ihn nicht vor wenigen Wochen nach sagen hören, dass er eben keine Maschine sei? Hört, hört.

Und all denen, die sich aktuell im van-Gaal-Gebashe suhlen, will ich mal ein anderes Bashing anbieten: Bastian Schweinsteiger!

Wie viele Punkte hat uns unser „Weltklasse-6er“ in dieser Saison gekostet?

Soll ich von dem Elfer in Gladbach reden? Seinem Ballverlust gegen Dortmund unmittelbar vor dem 0:1? Oder seinem gestrigen Fehlpass, der erst die unmittelbaren Standards ermöglichte, die zum goldenen 1:0 für S04 führte? Weitere Beispiele?

Nein, darf ich nicht? Ach, aber den Trainer muss ich dafür verantwortlich machen, ja?

Es ist doch so – und da beißt die Maus keinen Faden ab – ich habe seinerzeit in der Endphase für Klinsmann gekämpft. Das gebe ich offen zu. Vor allem weil es gegen das Boulevard ging. Warum? Weil ich nicht wollte, dass die Entscheidungshoheit für derlei Dinge dem Verein abgenommen wird.

Wer Trainer ist oder nicht, sollte der Verein entscheiden. Nicht die BILD. Welche Spieler auf dem Platz stehen sollte der Trainer entscheiden. Nicht die BILD. Welche Spieler den FC Bayern in Zukunft – punktuell – klar verstärken können, sollten Trainer und Vorstand entscheiden – und keine Volksbefragung.

Aber zurück zum Spiel.

Ich bin entsetzt.

Entsetzt, wie schnell sich der Wind dreht. Noch vor einer Woche schwebten wir alle doch auf Wolke 7. Nach dem Sieg bei Inter. Und jetzt? Jetzt stehen wir kurz vor dem Abstieg? Was ist passiert?

Wir haben ein Heimspiel in der Bundesliga verloren. Gegen die mit Abstand stärkste Mannschaft in der Saison 2010/11. Das sollten wir mal langsam akzeptieren. Punkt.

Darüber hinaus sind wir im Halbfinale des deutschen Pokals ausgeschieden. Gegen eine Mannschaft, die mit diesem Sieg quasi eine ganze Saison gerettet hat. Hatten wir auch so viel Motivation in die Wagschale zu werfen?

Irgendetwas steckte in diesen beiden Spielen unseren Spielern in den Knochen. Leichtigkeit war es nicht. Ebenso wenig Kreativität.

Oder waren es tatsächlich die Gegner, die uns einfach nur den Zahn gezogen haben?

Fragen über Fragen.

Eins sollte aber allen klar sein: Den Verwirrten, wie den Normalos: Wie sieht ein Szenario aus, wenn Trainer van Gaal alsbald zum Ex-Trainer wird?

Hat irgendwer, der derlei fordert ein Konzept parat?

Wer soll sein Nachfolger werden? Nur für die Rückrunde oder direkt mit Perspektive für die nächste Saison oder länger? Wer ist auf dem Markt? Wer bringt eine ähnliche Vision wie van Gaal mit? Wer bringt uns Offensivfußball plus Erfolge plus 11 bayerische Spieler im Kader?

Der ewige Wenger? Mourinho?? Sammer??? Klopp?!

Nein, im Ernst, all ihr Catos, was ist Euer Plan? Das würde mich mal interessieren. Ernsthaft!

Ich sag‘ Euch mal meine Meinung: Ich habe die Schnauze voll von diesen Reflexen. 80 Millionen investieren. Erfolg. Nächste Saison kein Erfolg. Trainerwechsel. x Millionen investieren. Erfolg. Nächste Saison kein Erfolg. Trainerwechsel….

Das muss aufhören.

All die Nörgler, Motzkis und Jammerlappen unter den Bayern-Fans träumen doch insgeheim von Barcelona. Oder? Ist doch so.

Denen empfehle ich die aktuelle Ausgabe der 11Freunde. Dort gibt es nämlich einen längeren Bericht zum Thema Barcelona und spanischen Fußball im Allgemeinen. Ebenso wie Rom ist dieser Erfolg nicht an einem Tag entstanden. Zuletzt wurde das Thema ja schon hier auf dem Blog von einzelnen Kommentierern aufgegriffen.

So was kann nicht wachsen, wenn man alle 1,5 – 2 Jahre den Trainer und somit zumeist die Philosophie wechselt. Die Philosophie gibt der Verein vor und danach sucht man sich die Trainer aus. Die Spieler kommen dann im Anschluss dazu. Vor allem auch, weil der gesamte Verein und seine Jugend darauf ausgerichtet sind. Damit hat Ajax angefangen Cruyff und van Gaal (ups) haben es zu Barca gebracht.

Hier ist mein Vorschlag: Wir atmen alle mal tief durch. Dann lassen wir van Gaal machen. Der ist nämlich der Trainer. Nicht die Südkurve und nicht die BILD. Und in der Sommerpause setzen sich die Entscheidungsträger beim FC Bayern in großer Runde zusammen und entscheiden was. Zum Beispiel wie diese Saison 2010/11 zu bewerten ist und wohin die Reise gehen soll.

Wir müssen weg von dieser kurzfristigen und -sichtigen Denkweise! War das nicht der Konsens der gesamten Bayern-Familie? Damals als wir van Gaal noch feierten und ihn ob seiner Sichtweise huldigten?

So. Soviel von mir zum gestrigen Spiel. Und ab sofort gibt es nur noch einen Gedanken: Hannover wegputzen!

Und wieder geht's gegen die hessische Wand.

Ich bin ja immer wieder begeistert. Von den Fans der Frankfurter Eintracht. Deren Support ist für mich der Beste der Liga. Da können sich all die anderen – selbsternannten – Könige unter den Fans ’ne Scheibe von abschneiden.

So sehr mich dieser Teil begeistert, so sehr gehen mir die hessischen Profis auf die Nüsse.

Immer wieder. Sicher, es gibt Ausnahmen.

Ich werde aber dieses Spiel einfach nie in meinem Leben vergessen.

Wieviele Torchancen waren das damals? 40? Auf jeden Fall Bundesliga-Rekord.

Da kommt es mir immer noch hoch, wenn ich daran zurückdenke.

Teils aufgrund der Funkel’schen Destruktivität im Spiel, teils aufgrund der lächerlichen Chancenverwertung meiner Bayern.

Für Morgen befürchte ich das Schlimmste.

Zum Einen weil wir nach dem Spiel in Bordeaux vom Kopf her vielleicht woanders sind und zum Anderen weil uns einfach offensive Kreativität abgeht. Im Moment.

Frankfurt wird’s nicht stören. Die Mauer wird stehen.

Oder macht Herr Skibbe tatsächlich alles anders? Er will ja die Eintracht aus dem Mittelfeld führen. So sein Ansatz. Aber wie will er dies verwirklichen? Indem er sein Team am Spiel teilhaben lässt? Das wäre mal ein Unterschied zu den sonstigen Auftritten der Frankfurter in München.

Aber was reg‘ ich mich schon vorher auf. Solche Mannschaften muss es ja auch geben. Habe ich inzwischen eingesehen. Und es liegt tatsächlich nur an uns, ob wir solche Gegner überrennen oder ein Grusel-0:0 erzielen.

Erstaunlich, aber selbst derlei Sätze gehören inzwischen zu meinem Portfolio.

Wenige Tage später gibt’s ohnehin ein ganz anderes Spiel gegen die Eintracht. Am Mittwoch nächster Woche. Im Pokal. In Frankfurt. Da muss die Skibbe-Truppe was anbieten, will sie nicht schon nach Anpfiff nur auf’s Elfmeterschießen gehen.

Dem Funkel-Team hätte ich das zugetraut.

Schauen wir einfach mal, wo wiederum der FC Bayern nach diesen Tagen voller Eintracht steht…

Irgendwie im falschen Film.

Es ist bemerkenswert, wie schnell sich die Eindrücke eines Fans ändern können.

Vor etwas mehr als einer Woche, wähnte ich mich als Bayern-Fan noch mitten in einer herrlichen Serie. Sah ich mein Team auf dem direkten Weg an die Tabellenspitze der Bundesliga.

Zu Recht, wie uns die erste Halbzeit im Gastspiel in Hamburg glauben lassen wollte. Dann dieses überflüssige 0:1 und ein zwar gutes, aber torloses Anrennen gegen die ital. Defensivkünstler aus Turin.

Alles nicht so dramatisch. Dachten wir. Schließlich hatten wir die beste erste Halbzeit der Saison gesehen. Oder so.

Nach dem Heimspiel gegen die Soldo-Kicker aus der Domstadt, dass ich aufgrund diverser Gründe weder live noch über 90 Minuten sehen „durfte“, sieht die Welt auf einmal ganz anders aus:

Seit drei Spielen schießen wir einfach kein Tor mehr!

Ohne Tore kann man keine Spiele gewinnen. Ohne Tore kann man auf einmal einen Rückstand von acht Punkten auf die Tabellenspitze der Fußballbundesliga haben.

Einzelkritik kann ich – mangels Bildervielfalt – nicht üben. Per Sms-Ticker erfuhr ich von einem grottigen Kick.

Was den Spielbericht in Sportschau und Sportstudio betrifft, haben sich die Kölner – im Rahmen ihres letztmalig ermauterten 2:1-Sieg in München noch einmal verbessert:

Der erste Riegel von sechs Spielern erwartete die Bayern am 16-Meter-Raum, die restlichen Geißböcke bewachten den 5-Meter-Raum.

Die meisten Breitnigge-Leser wissen hoffentlich, was ich von derlei „Fußball“ halte – noch viel weniger halte ich allerdings von meinen Bayern, dass es ihnen seit Jahren nicht (mehr) gelingt, derlei Bollwerke zu knacken und ich mir seit gefühlten Ewigkeiten solche (Trauer-)Spiele anschauen muss.

Schlimm. Ist gar kein Ausdruck.

Natürlich gab es mit der Verletzung von Robben und der Nicht-Fitness von Ribbéry wohl einen Bruch in unserer schönen, neuen 4-3-3-Welt. Aber muss das als Entschuldigung für alles herhalten??

Die restlichen 24 Spieler in unserem Kader können auch Fußball spielen, oder?

Im Laufe der Woche habe ich mich ebenfalls gefragt, ob das neue 4-3-3-System unsere „Alt“-Stürmer vielleicht lähmt, zu sehr unter Druck setzt. Weil die Konkurrenz-Situation von fünf Spielern für eine Planstelle nicht funktionieren kann, aber was soll unser Trainer machen, wenn die grundlegensten Dinge nicht mehr funktionieren?

Einen Ball aus 3, 4, oder 5 Metern einfach nur ins Tor zu zimmern?

Da machst Du nix.

Klar, das Boulevard hat seinen Spaß. Die neueste Statistik ist die torlose Zeit des Gesamtvereins. Na dann.

Ich kann darüber nur noch bedingt lachen.

Die Herbstmeisterschaft scheint so wohl offenbaur kaum noch möglich und ob wir in der Rückrunde unsere Aufholjagd endlich starten, bezweifle ich aktuell. Leider.

Noch mehr Geld in die Hand nehmen?

Keine Ahnung.

Die Sommer-Vorbereitung einfach bis in den Winter verlängern? Wäre eine Möglichkeit. Wird als Ausrede ja in diesen Tagen immer wieder gerne genutzt.

Ich habe zumindestens für die nächsten Tage den Kaffee auf.

Zum Glück ist Länderspielpause (das ich das mal sagen würde) und die Verletzung Robbens wirkt sich so nicht so stark auf den Spielplan aus. Wie zuvor befürchtet.

Irgendwas muss sich ändern. Was, dafür fehlt mir im Moment der Überblick.

Bezeichnend ist, dass ich diesem Kommentar hier fast schon zustimmen muss…