Meine Güte. Ich habe echt andere Sorgen. Und jetzt hatte ich auch noch Probleme, den richtigen Ansatz für diesen Beitrag zu finden.
Klar. Spontan war ich nach dem Sonntag-Spiel meiner Bayern auch rasend vor Wut und Enttäuschung. Es mal wieder nicht geschafft zu haben, näher an die Tabellenspitze zu rücken. Einmal mehr die Steilvorlagen der Konkurrenz (Alter, was war das denn HSV? Wolfsburg?) nicht genutzt zu haben.
Das alles ist schlimm. Und unerträglich. Sicher.
Aber kann ich es ändern? Können wir etwas ändern? Ich kann mich aufregen und wütend mit dem Fuß aufstampfen. Auch das.
Das hilft van Gaal oder gar den Spielern aber nicht weiter, oder?
Und so wie ich die Sache sehe, können die jede Hilfe gebrauchen.
Von ihren Gegner brauchen sie nicht darauf zu hoffen.
Wie schon nach dem Heimspiel gegen Schalke befürchtet, zeigte selbst die Offensiv-Feuerwehr aus der Chemiestadt, wie sehr man gegen die eigene Natur spielen und „trotzdem“ gegen den FC Bayern erfolgreich sein kann (P.S. Ich höre natürlich trotzdem nicht mit dem Fußball auf).
Überhaupt hatte ich während der zweiten Halbzeit den Eindruck einen Murmeltiertag zu erleben.
Am Ende gab’s dann überhaupt keine Nachspielzeit mehr und ein erneutes Remis mit zwei weiteren verlorenen Punkten in einem Heimspiel.
Desweiteren pfeifende Fans. Nach dem Abpfiff. Nach der weiteren Enttäuschung. Aber auch schon kurz nach der 15. Minute. Nach dem Ausgleich der Heynckes-Kicker. Dabei konnte man doch nach der frühen Führung der Münchner – noch dazu durch „Problem“-Kicker Gomez – so etwas wie Erleichterung, Aufbruch spüren.
Die zarte Pflanze der Hoffnung keimte und der eine oder andere Fan ließ sich davon anstecken.
Und all das war wie weggeblasen, als Top-Form-Kiessling den Ball in bayerische Netz zimmerte?
Hätte es da nicht auch den versammelten Fan-Touristen gut zu Gesicht gestanden, hier über den eigenen Schatten zu springen und stattdessen die eigene Mannschaft anzufeuern?
Nein?
Lieber wieder und weiter dem Boulevard nach den Mund und den Zeilen pfeifen?
Stimmt. Ist ja auch einfacher. Mit dem Strom zu schwimmen.
Da kann man seinen Frust schließlich viel besser loswerden. Und sein gutes Recht ist es ohnehin. Schließlich ist der FC Bayern ein Dienstleister und man hat gutes Geld bezahlt, um in der Arena bestens unterhalten zu werden!
Zu polemisch?
Sorry. War mir so danach. Wenn man mal den Spieß umdreht.
Apropos.
Meine Stimmung nach dem Spiel schlug recht schnell um. Also von Frust in Trotz. Warum?
Da wir hier von einem Sonntagsspiel reden, noch dazu um 15:30, haben all die Free-TV-Sender, nebst sog. Sportjournalisten, keine Wahl, als bis 21:45 abzuwarten. Mit Bildern. Oder eigene Vermutungen rauszuhauen. Um die eigene inhaltliche Leere, bzw. vorgefertigten Phrasen unter die Leute zu bringen.
Derlei erlebte ich gestern beim ZDF. Im Rahmen der Sport-Reportage(?) „unterbrach“ Rudi Cerne ernsthaft das Programm, um zu Thomas Wark in die Mixed-Zone der Allianz-Arena zu schalten. Für ’nen Stimmungsbericht. Schließlich hatte der FC Bayern gerade ein „Endspiel“ van Gaals „nicht gewonnen“.
Oh mein Gott!
Herr Wark („dieses Remis ist eher eine Niederlage“) hatte natürlich den Durchblick. Er hatte erfahren, dass die drei Bayern-Bosse sich zurückgezogen hatten. „Um sich abzustimmen.“ Eine Ablösung van Gaals stünde also unmittelbar bevor. Man wolle sich wieder melden.
Doof. Heute ist van Gaal immer noch im Amt.
Aber macht ja nix. Als Sportjournalist darf man ungestraft irgendeinen Müll zum Besten geben. Ob erfunden, abgeschrieben oder auch nicht. Völlig egal. Wenn’s sich als falsch herausstellt, schreibt, redet man halt am nächsten Tag was anderes.
In anderen Berufen hat solch ein (Fehl-)Verhalten ganz andere Auswirkungen. In diesem Beruf nicht die Bohne.
Schlimm ist daran nur, dass ich mich immer und immer wieder darüber aufrege. Dabei ist es das nicht wert. Und ich werde die Hysterie hier und generell in den Medien ohnehin nicht aufhalten oder zurückfahren können.
Mehr als hier meine Meinung zum Besten zu geben, kann ich nicht machen. Aber immerhin das.
Diese ganze Gemengelage führte zu diesem Bericht und hat den eigentlichen Spielbericht völlig überlagert.
Der FC Bayern hat ein äußeres und inneres Problem.
Von aussen, weil die Medien und alles was dazugehört, die aktuelle sportliche Situation als dramatische Katastrophe aufbauen. Dabei würden immer noch diverse Teams mit uns tauschen wollen. Solche „schlechten Zeiten“ hätte viele gerne. Sofort.
Oder haben die alle doch Recht? Wenn man „die Ansprüche“ des FC Bayern zugrunde legt? Aber was sind „die Ansprüche des FC Bayern“?
Das Triple gewinnen, während man einem neuen Trainer einen neuen Kader an die Hand gibt und neben einem erfolgreichen Spiel auch noch eine nie dagewesene Schönheit oben drauf setzt?
Operation am offenen Herzen? Ohne Komplikationen?
Achso.
Und was sind diese sogenannten „Mechanismen des Marktes“? Wenn nicht von den Medien erfunden?
Eben.
Von innen, weil tatsächlich irgendwas in der Mannschaft des FC Bayern nicht zu stimmen scheint.
Auf der anderen Seite haben wir in dieser Saison schon einige berauschende Spiele gesehen. Gegen unterschiedliche Gegner. Vom Papier, von der Form her.
Es geht also. Mit diesen Spielern. Mit diesem Kader. Wieso also nicht immer?
Weil es doch nur Menschen sind? Die verdammt gut kicken können. Müssen sie nur mal wieder zeigen.
Ganz einfach.
Selbst gegen Leverkusen gelang dies phasenweise. Und worüber würden wir jetzt reden, wenn Timoschtschuk kurz vor der Pause den Ball 10 Meter vor dem Bayer-Tor noch gestoppt und dann überlegt in von Adler freigegebene Ecke geschoben hätte? Oder Adler nach Gomez‘ Hackentrick keinen solchen Reflex gezeigt hätte? Wie zum Beispiel Neuer auch gegen Toni?
Wohl kaum würden wir vom Weltuntergang an der Säbener Straße sprechen, oder?
Uns allen stünde es gut zu Gesicht, mal endlich durchzuatmen. Weniger Harakiri, mehr Gelassenheit.
Wollten wir das nicht alle auch endlich umsetzen? Nach Enkes Tod? Jetzt mal abgesehen vom Boulevard?
Dann mal los.
P.P.S. Zum Spiel fällt mir sonst nix mehr ein.