Vorschau auf die neue Saison?

Gestern war Pokalfinale. Entspannend. Für mich als Bayern-Fan.

Warum? Na weil es zur Abwechslung mal ein Anti-Pest-und-Cholera-Spiel war. Für mich. Ich hätte es beiden gegönnt. Zumindestens vor dem Spiel. Aber der Reihe nach.

Die Woche über hatte ich kurz überlegt, ob mich das Finale interessiert, auch wenn ich als Bayern-Fan damit ja nichts zu tun habe. Entscheidung: Doch. Auf jeden Fall.

Rahmenprogramm und Frauenfinale wurden ausgeblendet, selbst die Vorberichte habe ich mir nicht angetan – bis auf ein, einmal mehr launiges Meyer-Interview. Herrlich. Davor hat jeder Reporter-Praktikant Angst. So unvermittelt kommen da die ungewöhnlichen Antworten. Man muss improvisieren. Dessen Interviews mit den Arena-Journalistik-Studenten würde ich gern öfter sehen…

Zum Spiel:

Einer meiner Gedanken vor dem Abpiff war, ob dieses Finale ein Fingerzeig auf die neue Saison werden könnte. Schließlich spielt da der aktuelle Deutsche Meister. Stuttgart also als Favorit. Eine Situation, die die Schwaben in der neuen Saison an 34 Spieltagen begleiten wird.

Nach dem Anpfiff hatte ich nur noch diesen Gedanken im Kopf. Denn alles sah nach einem typischen Bayern-Spiel aus: der Gegner legt los wie die Feuerwehr. Die Nürnberger spielten ein Pressing – es war die wahre Freude. Der VfB konnte sich die ersten 15 Minuten nicht wirklich aus der fränkischen Umklammerung befreien, auch wenn einige Spieler das im Nachgang ein wenig verdrehten.

Die Offensivprobleme der Meyer-Kicker waren aber mehr als offensichtlich: Mintal noch lange nicht wieder auf Normalniveau, Vittek gar nicht erst dabei und Schroth auch nicht wirklich gefährlich. Ansonsten wäre der Club wahrscheinlich zu Recht in Führung gegangen.

Da aber der Meister insgesamt vielleicht 5-10% besser besetzt war, kam er in der Folge doch noch zu Chancen. Eine erste hätte in einem Elfmeter münden können, was der Schiedsrichter anders sah und zwei verschiedene Perspektiven gaben selbst uns Zuschauern völlig unterschiedliche Bewertungen: Von Schwalbe bis Berührung war da alles dabei.

Eine schwäbische Belohnung für das nun befreitere Aufspielen gab es dennoch: Cacaus 1:0.

Wer jetzt glaubte (wie ich übrigens auch), dass sich das Spiel in Richtung Veh-Team drehte, sah sich getäuscht, als nämlich Marek – das Phantom – Mintal zu seinem Tor und dem Ausgleich kam. Noch eine Erfahrung für den Meister: Die Gegner legen sich nach einem 1:0 nicht mehr geschlagen auf den Rücken.

Das 1:1 muss bei einigen Spielern das neue Selbstwertgefühl angekratzt haben. Ein Gegentor gegen den Meister? Frechheit!

Anders ist es nicht zu erklären, dass zunächst und völlig aus dem Zusammenhang gerissen, Torschütze Cacau seinen Gegenspieler mit seiner Faust maltretiert und ein Fernando Meira Torschütze Mintal fast den Unterschenkel amputiert. So sah es zumindestens in der ersten Wiederholung aus.

Rot für Cacau war vertretbar, für Meira aber zwingend erforderlich! Von daher muss ich demTimo und seinen wohl vom Testosteron-Überschuss geprägten Schiedsrichter-Einschätzungen nach dem Spiel zustimmen: Er hatte nicht seinen besten Tag, Meira in dieser Situation auf dem Platz zu lassen.

Nach diesen beiden Aktionen, war für mich völlig klar: Meine neuen Sympathien für die Schwaben waren plötzlich wie weggeblasen und ich wurde zum Clubberer. Erstaunlich, aber so kann das gehen.

Der Rest des Spiels ist schnell erzählt:

Der Ausgleichs-Elfmeter hatte eine klare Vorgeschichte: Zu 50% war es eine Konzession, zu 25% wollte Gomez ihn einfach haben und hob gefühlte 1,3 Sekunden vor der Berührung (die es tatsächlich gab) ab. Aber zu 25% war auch Schäfer selbst schuld daran, denn es reicht nicht, schon beim Zurutschen auf den Gegner die Arme zu heben und die Beine anzuwinkel, nein, man muss die Beine auch wirklich wegbekommen. Aber Gomez wußte wohl ganz genau, dass Schäfer definitiv in ihn reinrutschen würde.

Wie auch immer. Es kam zur Verlängerung. Die Nürnberger hatten während der kompletten 90-11-zu-10-Minuten kaum einmal ihre Feld-Überlegenheit ausspielen können und die Schwaben wurden zunehmend schwächer.

War mir klar war: In der 119. Minute würde Hans Meyer seinen Elfmeter-Killer einwechseln und Nürnberg zum Sieg führen – das es früher und per Sonntagsschuss ging – umso besser!

Es freut mich für Hans Meyer. Ehrlich. Es freut mich ferner, dass es einer schaffte, der im Osten groß geworden ist, dort schon Erfolge gefeiert hat (den FDGB-Pokal schon gewonnen, da war ich kaum geboren), nach der Wende keiner dieser weinerlichen, wehleidigen „Ossis“ wurde und jetzt endlich in (Gesamt-)Deutschland angekommen ist.

Wie ich es gestern noch in einem Vorbericht gelesen habe: Meyer hat alles Positive aus dem Osten mitgenommen: Solidarität, ein Schuss Sozialismus und einiges mehr – und genau das zeichnet(e) seine Clubberer (gestern) aus.

Herzlichen Glückwunsch, Hans Meyer!

Und der Meister?

Der zeigte sich zum ersten Mal seit dem Titelgewinn unsympathisch: Sich als das klar bessere Team darzustellen, hauptsächlich auf den Schiedsrichter zu schimpfen und ein Armin Veh, der nur noch angesäuerte Antworten im ARD-Studio gibt, so gar nicht mehr Meister-like wie noch vor einer Woche – so erwirbt man keine neuen Fanherzen. Dann hätte ja auch der FC Bayern weiterhin Meister sein können… 😉

Liebe Schwaben, gewöhnt Euch lieber mal dran, die nächsten 34 Spieltage werden genauso und nicht anders ablaufen.