Überschrift – verzweifelt gesucht.

Wie soll ich nach dem gestrigen Spiel nur solch einen Bericht überschreiben?

„Auf dem Boden der Tatsachen“?

„Überfordert“?

„Ausgeträumt“?

Keine Ahnung. Alles stimmt irgendwie. Die Bayern hatten gestern die Chance ins Championsleague-Halbfinale einzuziehen, hatten eine gute Ausgangslage nach dem Hinspiel und waren trotzdem … überfordert. Vergleicht man einfach mal Spieler wie Lahm, Lell, Görlitz, Podolski, Santa Cruz, Ottl & Co. mit Spielern wie Pirlo, Seedorf, Nesta, Kaka oder Gattuso, dann wird schnell klar, wo europäische Klasse spielt.

Sicher. Die Bayern haben Potential. Aber mit diesem Spielermaterial so (noch) nicht in Europa.

Bitter ist das Ausscheiden trotzdem, allein weil die vier Milan-Tore alle irgendwie komisch waren. Schon das Hinspiel gab uns lächerliche bis irreguläre Tore, im Rückspiel ein Abseitstor (Inzaghi) und einen holländischen Spaziergang in den bayerischen Strafraum!

Aaaaber!

Milan versprühte immer den Eindruck, sie könnten, wenn sie wollten, noch viel mehr Tore schießen und hätten die Italiener im Hinspiel die beiden Großchancen verwertet, die Kahn-Vertreter Rensing in Weltklassemanier herausfischte, dann gäbe es nichts zu meckern (von dem nicht gegebenen Milan-Tor (vermeintliches Abseits) im Hinspiel ganz zu schweigen)!

Schlimm auch, dass die Bayern keine Stürmertore mehr schießen. Zwei Tore für van Buyten gegen Milan, zwei Lucio-Tore gegen Real und auch ein van Bommel brachte da gestern nichts zustande.

Unerträglich auch die Schwächen im Spielaufbau. Ok. Sagnol ist verletzt und konnte uns gestern nicht eines Besseren belehren, aber Lell und später Görlitz brachten auch nur die ebenso merkwürdig wie harmlosen Flanken aus dem Halbfeld zustande. Selbst als Herr Ballack noch bei uns sein Unwesen trieb war dieser Schachzug nur bedingt erfolgreich – seit seinem Abschied erst recht nicht mehr. Und ob ein Herr Nesta derlei Flanken vielleicht mehr als gerne abfängt? So ein einfaches Kopfballspiel kennt der wahrscheinlich aus der Serie A überhaupt nicht.

Dann die Standards.

Mir fällt in letzter Zeit immer deutlicher auf, dass wir da mehr als harmlos sind. Auch in der Bundesliga.

Aber sowas kann man trainieren, oder?

Und wieso bewegen wir uns so wenig? Ist Fußball in München kein Laufspiel mehr? Haben wir das jetzt abgeschafft? Soll der Franz mal beim Fifa-Board vorstellig werden, dass das abgeschafft wird? Aber halt. Phasenweise geht das. Sogar bei uns und unseren limitierten Spielern. Wieso nicht permanent?

Will mir jemand ernsthaft erklären, wir würden statt der ManU- (90 Min. Tempofußball) die Chelsea-Strategie (intelligentes, variantenreiches Spiel) verfolgen?

Wieso geht dann Lahm seit der WM die immer gleichen Laufwege, die inzwischen jedem Verteidiger der Welt bekannt sind? Grotesk auch, dass man gestern tatsächlich einen Schweinsteiger vermisst hat, dem ich am Samstag noch die Hauptschuld für den Offenbarungseid in HZ1 in Hannover gegeben habe…

Ob das alles gestern irgendwie anders gelaufen wäre, wenn wir wirklich 1:2 im Hinspiel verloren hätten? Mit mehr Wut im Bauch und Engagement im Herzen?

Vielleicht. Sogar ganz bestimmt. Denn nach oben war ja viel Luft.

Es war aber auch wichtig, das Spiel. Es hat (hoffentlich) allen im Verein gezeigt, wie limitiert wir sind, denn Milan war in beiden Spielen keine Übermannschaft, man merkte den „Verfall“ an vielen Ecken (im Vergleich mit ManU und Chelsea). Auch die Abwehr kam in beiden Spielen mehrmals in Bedrängnis, als die Bayern mal schnell(er) und über die Flügel spielten, allein, dauerhaft Druck auszuüben, dazu waren wir nicht in der Lage.

Sei’s drum. Jetzt gibt es keiner Ausreden mehr. Volle Konzentration auf den Kampf um Platz um 3. Noch sechs Spiele. Alles Endspiele.

Die Gefahr?

Die Hälfte der Mannschaft im Umbruch beschäftigt sich mit Abschiedsgedanken, weil sie entweder weg gehen, weg wollen, oder weg sollen (unbedingt, z.B. RSC, der hoffentlich gestern in HZ2 allen gezeigt hat, wie sehr er zur Belastung für uns alle geworden ist!)!

Auf der anderen Seite ist das auch eine Chance. Denn jetzt zeigt sich, wer sich für den Verein zerreisst, wer alles gibt und auf wen wir in Zukunft besser verzichten.

Je schneller wir übrigens Nägel mit Köpfen bei der CL-Quali machen, desto besser für die Transfers der nächsten Saison. Bekannt, aber offenbar noch nicht von allen verinnerlicht. Es wird Zeit.